Familie & Gut Thannhausen: Gemeinde Tannhausen

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Familie & Gut Thannhausen

Freiherren von und zu Thannhausen

Die Freiherren von und zu Thannhausen bewohnen bis heute ihren Stammsitz am Rande des Ries östlich von Ellwangen. Ihr "Schlössle" liegt am Ortseingang von Tannhausen mit seiner sehenswerten Kirche. Seit der Rechtschreibreform des Jahrs 1903 schreibt sich der Ort ohne h nach dem T.

Der Familienname wird Manche(n) an den Minnesänger Tannhäuser des 13. Jahrhunderts denken lassen, der durchaus der Familie der Freiherren von und zu Thannhausen am Ries entstammen könnte. Die ältere Genealogie der Freiherren kann freilich nur bruchstückhaft rekonstruiert werden. Der 1145 im Zusammenhang mit dem ehemaligen Straßburger Bischof Bruno urkundlich erwähnte Sigiboto de Tanehusen gilt als das älteste uns bekannte Mitglied der Familie.

Noch wahrscheinlicher ist die Verwandtschaft der Freiherren mit Otto de Thanhusen, einem 1262 genannten frühen Vasallen der Grafen von Oettingen, in deren Lehensabhängigkeit sich die von und zu Thannhausen für einen Teil ihres Besitzes im 13. Jahrhundert - und bis in das 19. Jahrhundert - befunden haben. Bis in diese Zeit - 1246 - geht auch eine Beweisschrift der Freiherren aus den 1650er Jahren zurück, die auf oettingischen Archivalien basiert.

Depositum im Staatsarchiv Ludwigsburg

Das als Depositum im Staatsarchiv Ludwigsburg für die Forschung bereitliegende Archiv der Freiherren von und zu Thannhausen umfasst ausschließlich neuzeitliche Urkunden und Akten. Deshalb soll die mittelalterliche Geschichte der Familie hier nicht weiter behandelt werden. Die Freiherren haben zeitweise recht umfangreiche Besitzungen in mehr als einem Dutzend Dörfer besessen. Sie gingen in Spätmittelalter und früher Neuzeit weitgehend wieder verloren, bis die Familie seit dem ausgehenden 17. Jahrhundert fast nur noch über Besitz im und um den Ort Tannhausen verfügte. Dieser Besitz war teilweise Allod (Eigengut), wodurch die Freiherren eine reichsunmittelbare Stellung bis zur Mediatisierung der reichsritterschaftlichen Gebiete 1806 halten konnten; sie waren für die Allodialbesitzungen nur dem Kaiser untertan.

Ritterschaft des Schwäbischen Reichskreises

Als Mitglieder der Ritterschaft des Schwäbischen Reichskreises gehörten die Freiherren zum Kanton Kocher der Reichsritterschaft mit Sitz in Esslingen am Neckar. Dorthin entrichteten sie Rittersteuern, von dort nahmen sie zum Beispiel Rechtshilfe in Prozessen wahr. Auch regelte der Kanton Vormundschaften für minderjährige Erben der freiherrlichen Familie.

Eine Vorstellung vom Umfang des Allods vermittelt eine Aufstellung von 1810. Damals hatte Philipp Karl von und zu Thannhausen in der von ihm ererbten Hälfte des Guts sechs ,,eigentümliche" Untertanen (Höfe), aber zehn, die aus Lehensuntertänigkeit stammten. Mit rund einem Dutzend allodialen, eigenen Höfen in beiden Gutshälften ist die Herrschaft Thannhausen somit eine der kleinsten im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation gewesen.

1734 hatte das Dorf Tannhausen 107 Haushalte, von denen die Freiherren als Allod oder Lehen 23 besaßen, das Domkapitel Augsburg aber 49, das Haus Oettingen 22, das Kloster Kirchheim am Ries acht, die Reichsstadt Dinkelsbühl fünf. Lehensherren der von und zu Thannhausen waren seit dem Hochmittelalter die Grafen von Oettingen (gefürstete Linien: 1674 Oettingen-Oettingen, 1734/1765 Oettingen-Spielberg, 1774 Oettingen-Wallerstein), deren Lehensbriefe aus der Zeit 1683-1844 sich im freiherrlichen Archiv erhalten haben.

Der oettingen-wallersteinische Lehensbrief von 1683 weist sieben Höfe in Tannhausen und einen im benachbarten (heute bayerischen) Rühlingstetten aus, der des Jahrs 1802 neun in Tannhausen und den Rühlingstettener. Bis in das 19. Jahrhundert hinein sind immer wieder Freiherren in die Dienste einer der Linien des Oettinger Hauses getreten, meist als Offizier oder im Forstwesen.

Lagen die oettingischen Lande den Freiherren von und zu Thannhausen schon geographisch nahe, so erschwerte bereits die Entfernung zum Hochstift Eichstätt eine enge Bindung zu den Eichstätter Bischöfen als zweite Lehensherren: Tannhausen und Eichstätt trennen über 60 Kilometer Luftlinie. Zudem umfasste die eichstättische Belehnung nur vier Höfe in Tannhausen, darunter die als "Schenckstatt" bezeichnete Grünbaumwirtschaft. Ihre Wirte begegnen uns in den Akten bei rechtlichen Auseinandersetzungen wiederholt. Dagegen ließen sich keine Freiherren aus Tannhausen ermitteln, die in Diensten des Hochstifts standen.

Herrschaft der Freiherren

Die von den Freiherren ausgeübte Herrschaft zeigt sich in den Akten als eine familiär-patriachalisch geprägte in überschaubarem Rahmen. Die hohe Gerichtsbarkeit wurde im ganzen Ort Tannhausen vom Haus Oettingen über seinen Landvogt in Utzwingen ausgeübt, während die Freiherren ihre Patrimonialgerichtsbarkeit nicht selten persönlich wahrnahmen oder später in Dinkelsbühl wahrnehmen ließen. Auch führten die belehnten Mitglieder der Familie die Gutsrechnungen in der Regel selbst, es lief also auch die Verwaltung des Guts in einfachen Strukturen ab. Hohe Überschüsse ergab die Bewirtschaftung nicht.

Der protestantische Freiherr Heinrich Konrad von und zu Thannhausen (1609-1680), nach dessen Tod die bis heute im Familienbesitz befindliche Überlieferung einsetzt, ließ sich wohl auch wegen der geringen Wirtschaftskraft seines Guts als brandenburgischer Rat im fränkischen Ansbach und Oberamtmann zu Windsbach bestallen. Er bewohnte ein Haus in Ansbach. Nachdem seine Söhne bereits wieder in oettingischen Diensten gestanden hatten, kam es unter den beiden Enkeln Joachim Christoph Heinrich (1694-1744) und Johann Ludwig Ernst (1696-1769) nicht nur 1728/30 zur Rückkehr zum Katholizismus, sondern auch zur Teilung des Guts Thannhausen mit seinen Zugehörungen in zwei Hälften. Sie sollte rund 150 Jahre währen.

Somit erwuchs neben der Hauptlinie der Familie eine zweite, jüngere, die ebenfalls Herrschaft ausübte und belehnt wurde. Ihre Mitglieder standen jedoch meist im Schatten und lebten auch nur selten auf Schloss Thannhausen. Mit Wilhelm Alfred Alexander verstarb ihr letztes männliches Mitglied 1856 als Student in Tübingen.

Die Hauptlinie

Die Hauptlinie dominierte schon rein zahlenmäßig, nachdem Johann Joseph Konrad (1734-1798) in drei Ehen 18 Kinder in die Welt gesetzt hatte. Da der älteste Sohn das väterliche Gut jung verließ und bürgerlich heiratete, fiel dem zweitgeborenen Ignaz Friedrich (1770-1849) der Gutsanteil des Vaters zu. Sein ereignisreiches Leben bietet eine der interessantesten Biographien in der freiherrlichen Familie. Es ist geprägt von Studium, Kriegszeit - Verwundung in der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 - Hofforstmeisterdienst in Oettingen-Wallerstein und einem langen Lebensabend, den er zu intensiver Beschäftigung mit der schriftlichen Überlieferung der Familie und seiner eigenen Registratur nutzte.

Seine markante Handschrift fällt beim Studium der Archivalien sofort ins Auge. Doch nicht nur historisches Interesse oder der Wunsch nach Tradierung für kommende Generationen bewirkte Ignaz Friedrichs ordnende Tätigkeit, es waren nicht zuletzt die großen Umbrüche seiner Zeit, die ihn in dieser Hinsicht forderten. Er hatte 1802 kaum die Herrschaft über seine Hälfte des Guts Thannhausen angetreten, da begannen mit der Besetzung des Hochstifts Eichstätt und dessen Übernahme durch Bayern - zeitweise den Großherzog von Toskana, Erzherzog Ferdinand von Österreich, der den beiden freiherrlichen Linien noch einmal einen Lehensbrief ausstellte - die einschneidenden politischen Umwälzungen. Sie führten schließlich 1806 zur Mediatisierung der reichsritterschaftlichen Gebiete und damit auch des Besitzes der Freiherren von und zu Thannhausen. Ignaz Friedrich verlor seine Souveränitätsrechte. Er war nun nur noch Untertan, zunächst des Königs von Bayern, ab 12. Januar 1810 dann des Königs von Württemberg. Der Hof in Rühlingstetten blieb bayerisch.

Die Mediatisierung

Die Mediatisierung bedeutete auch das Ende der freiherrlichen Patrimonialgerichtsbarkeit; die Akten und Protokollbücher lassen das deutlich erkennen. Zwar hat das Königreich Württemberg die Aufhebung der Patrimonialgerichte nach wenigen Jahren rückgängig machen müssen, und erst als Folge der Revolution von 1848 endete diese Rechtsinstitution, doch lebte sie bei den Freiherren von und zu Thannhausen nach 1810 nicht noch einmal auf.

Zeitlich parallel mit der Mediatisierung vollzog sich der 1808 eingeleitete Konkurs Philipp Karls aus der jüngeren Linie, in dessen Verlauf es Ignaz Friedrich gelang, rund die Hälfte des betreffenden Grund und Bodens durch Kauf beziehungsweise Ersteigerung für die Familie zu erhalten - um den Preis neuer Verschuldung. Gegen Zahlung einer "Allodifikations Taxe" überließ das Königreich Bayern den Freiherren 1810 die ehemals eichstättischen Lehen. Einen letzten oettingischen Lehensbrief empfingen Ignaz Friedrich und die Söhne Philipp Karls 1844 von Fürst Johann Alois III. 1863 ist dann auch dieses Lehensverhältnis durch eine Geldzahlung der freiherrlichen Familie beendet worden.

Nach dem Tod Ignaz Friedrichs orientierten sich die folgenden Familienmitglieder an ihrem neuen Landesherrn, dem König von Württemberg, und dienten bis weit in das 20. Jahrhundert hinein im Forstwesen des Königreichs und später der Weimarer Republik. Für das nun wieder vereinte Gut Thannhausen und weiteres Eigentum bestand von 1913 bis zur Aufhebung durch das Gesetz vom 6. Juli 1938 ein Familienfideikommiss, das eine ungeteilte Vererbung an den ältesten männlichen Nachkommen festschrieb.

"Schlößle" in Tannhausen

Am "Schlößle" in Tannhausen - wohl Mitte des 18. Jahrhunderts errichtet - fanden vor allem im Zeitraum 1908-1928 umfassende bauliche Veränderungen statt, von denen nicht zuletzt die neuen Rundtürme das Äußere stark beeinflussten. Trotz der bekannt hohen Aufwendungen, die ein solcher historischer Bau erfordert, zeigt sich Schloss Thannhausen mit seinen Nebengebäuden dem Betrachter der Wende zum 21. Jahrhundert als ein äußerst ansprechendes Ensemble.